Peking hat den Westen aufgefordert, sich nicht in den Inselstreit im Chinesischen Meer mit Japan einzumischen. Zuvor hatten sich die G7-Staaten am Donnerstag auf die Seite Japans gestellt. China könnte mit der Verlegung von Atom-U-Booten in den Pazifik reagieren, wenn sich „der Westen nicht um seine eigenen Angelegenheiten kümmert“.
Als die Gruppe der sieben großen Industrienationen, kurz G7, laut Reuters die Notwendigkeit verspürte, „eine starke Botschaft hinsichtlich der Seeforderungen [Chinas] im westlichen Pazifik zu schicken“, reagierte Peking, wie bereits beim G7-Außenministertreffen im April, empört.
Offiziell haben sich die Außenminister der G7 besorgt über die Situation im Ost- und Südchinesischen Meer gezeigt und vor einseitigen Handlungen gewarnt, die zu einer Änderung des Status quo in der Region und zu weiteren Spannungen führen könnten. De facto lassen sich die Äußerungen vom Gipfel im japanischen Ise-Schima als politische Parteinahme des Westens gegen China interpretieren.
Aus der G7-Erklärung hieß es weiter, dass man „einschüchternde, zwangsweise oder provokative einseitige Maßnahmen“ ausgehend von China ablehne.
Die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua warnte zu Beginn des G7-Gipfels:
„Um nicht überflüssig zu werden und sogar den Frieden und die Stabilität in der Welt negativ zu beeinflussen, sollten sich die G7 um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern, anstatt mit dem Finger auf andere zu zeigen und Konflikte anzufachen.“
China erhebt Anspruch auf fast das gesamte Südchinesische Meer. Das führt immer wieder zu Konflikten mit Japan, den Philippinen, Brunei, Malaysia, Vietnam und Taiwan – nicht zuletzt um die fisch- und rohstoffreichen Gewässer. Besonders zentral für den Westen sind allerdings die strategisch wichtigen Handelsrouten, die China mit der Außenwelt als Exportnation verbinden. Der Westen – allen voran die USA – wollen diese Kontrollfunktion auf die Güterströme zwischen Ost und West nicht verlieren, da sich diese leicht in politischen Einfluss ummünzen lassen.
Mit wachsendem wirtschaftlichem Erfolg versucht sich Peking gegenüber seinen Widersachern zunehmend politisch und indirekt militärisch zu behaupten. Nicht zuletzt deshalb fordert China die beherrschende Machtstellung der USA im Chinesischen Meer heraus.
Die chinesische Armee schüttet im Südchinesischen Meer sukzessive künstliche Inseln auf. Dort werden militärische Basen und Landebahnen gebaut, die das US-Militär wissentlich kreuzt und damit provoziert. Peking dienen die Inseln als wichtige Ankerpunkte, um seine Ansprüche zur See zu stützen.
Berichte des britischen „Guardian“ lassen vermuten, dass Peking im geopolitischen Schachspiel mit den USA seine Muskeln spielen lassen könnte. Unter Berufung auf das US-Außenministerium sei zu vermuten, dass erstmals Atom-U-Boote der chinesischen Marine in den Pazifik entsandt werden könnten. Aus Peking heißt es demnach, dass man auf die jahrelange Aufrüstung der USA im Pazifik reagieren müsse.
China mahnte indessen dazu, die „eigentlichen Probleme“ auf dem G7-Gipfel anzusprechen. Der Pressesprecher des chinesischen Außenministeriums, Lu Kang, kommentierte am Dienstag:
„Vor dem Hintergrund der heutigen schwachen Weltkonjunktur sollen die Länder der G7 ihre Aufmerksamkeit auf die Zusammenarbeit und die Lenkung der Wirtschaft konzentrieren, nicht aber Streitigkeiten hochspielen, die die Meere betreffen und Widersprüche in der Region provozieren. China äußert seine entschiedene Unzufriedenheit mit den Handlungen der G7“.
Außerdem forderte der chinesische Regierungsbeamte politische Objektivität von der Gruppe der Sieben ein:
„Die G7-Länder können sich hinsichtlich des Territorialstreits nicht einfach auf die Position irgendeiner Seite stellen. Sie müssen die Bemühungen der Länder der Region in vollem Maße achten, auf unverantwortliche Bemerkungen und Taten verzichten und eine wirklich konstruktive Rolle bei der Gewährleistung von Stabilität und Frieden in der Region spielen“.
Hinsichtlich Russland äußerte Japans Premier Abe den Wunsch, dass Putin „von der Kälte“ in den Kreis der führenden Industrieländer zurückkehre, vor allem auch, weil Russland die Schlüsselrolle bei der Krisenregelung in Syrien spielt.
Allerdings werden die G7-Politiker voraussichtlich abermals Russland zur Umsetzung der Minsker Friedensvereinbarungen in der Ukraine-Konfliktregelung auffordern und für die Organisation von Kommunalwahlen in der Ostukraine plädieren.
Der Russland-Experte Viktor Pawljatenko vom russischen Institut für Fernost-Studien äußerte sich über die Chancen eines künftigen Näherrückens der G7 mit Russland zuversichtlich. Hinsichtlich der westlichen Sanktionen gegen Russland sagte er auf Anfrage der Nachrichtenagentur Sputnik:
„In Italien hat sich eine Region gegen die Sanktionen positioniert; das französische Parlament hat eine diesbezügliche Resolution verabschiedet und Präsident Francois Hollande lud Putin im Oktober nach Frankreich ein. Meines Erachtens wird es in der Abschlusserklärung keine scharfen Formulierungen geben.“
Pawljatenko glaubt, dass auch der Territorialstreit zwischen Russland und Japan um die Kurilen-Inseln beim G7-Gipfel in Japan keinerlei Berücksichtigung finden werde. Anders kommentierte er die Spannungen im Falle von China:
„Die Schlüsselrolle bei der Konfrontation im Südchinesischen Meer spielen die Amerikaner. Aber für Europa wäre es sinnlos, sich in diesen Konflikt einzumischen. Deren Beziehungen mit China entwickeln sich positiv, der gegenseitige Handel ist für beide Seiten von Vorteil. Ich denke, dieses Problem wird in der Abschlusserklärung in einer sehr sanften Form angedeutet werden.“