USA predigen den medialen Vernichtungskrieg gegen Russland
Von Ilja Ogandschanow
Erst kürzlich wurde erneut im US-Kongress die Gefahr, die angeblich von den russischen Medien ausgeht, thematisiert.
Bei der jüngsten Anhörung im US-Kongress hat der Geheimdienstdirektor der USA, James Clapper, Russland vorgeworfen, einen „Informationskrieg“ gegen den Westen zu führen und ihn „diskreditieren“ zu wollen. Dabei stellte er die Gefahr, die angeblich von den russischen Medien ausgeht, potentiellen Anschlägen der Terrormiliz „Islamischer Staat“ in den USA und Europa sowie der Aufstockung des nordkoreanischen Atompotenzials gleich. Die Gefahrstufe ist extrem hoch. Womit sollen denn die russischen Medien den Chef einer solch einflussreichen Behörde so alarmiert haben?
Übung macht den Meister
„Russland fährt fort, den Grad des Informationskrieges zu steigern, indem er daran arbeitet, die antiamerikanischen und anti-westlichen Stimmungen sowohl in Russland als auch weltweit anzufachen. Moskau wird auch weiterhin falsche und irreführende Informationen veröffentlichen und dadurch versuchen, den Westen zu diskreditieren, und das Informationsbild, das dem Image Russlands schadet, zu stören bzw. zu entstellen, das westliche Einvernehmen in Bezug auf Russland zu untergraben und die Rolle Russlands als verantwortungsvolle und führende Großmacht zu verteidigen.“
So Clapper gegenüber dem US-Kongress.
Aus dem Bericht des Chef-Geheimdienstlers der USA werden die Kongressleute wohl im Großen und Ganzen nichts neues erfahren haben. Das alles wurde ihnen mehrmals in unterschiedlichen Variationen aufgetischt. Bereits 2011 hatte Hillary Clinton bei einer Anhörung im Kongress erklärt, dass sich die Vereinigten Staaten in einem Informationskrieg befinden. Damals war auch der Erzfeind bestimmt worden:
„Wir sind in einem Informationskrieg. Und wir verlieren diesen Krieg. Ich sage das frank und frei. Die Russen haben ihren englischsprachigen TV-Sender in Betrieb genommen. Ich habe ihn bereits in einigen Ländern gesehen und finde ihn recht interessant.“
Es ist leicht zu erraten, dass die Rede von „Russia Today“ war.
Das alte Lied über den „recht interessanten“ und „äußerst gefährlichen“ russischen Fernsehkanal wächst sich zu fantastischen Gerüchten aus. Für mehr Plausibilität führt man unwiderlegbare Beweise für die „jesuitische Methode“ an, mit der die Russen den Informationskrieg führen wollen. So fand im April 2015 im Außenkomitee des US-Repräsentantenhauses eine Anhörung zum Thema „Was man sich der Nutzung von Informationen als Waffe durch Russland widersetzen kann“ statt. Daran beteiligte sich auch die frühere RT-Moderatorin Liz Wahl, die vor laufenden Kameras und viel Tamtam die Tür hinter sich zugeschmissen hatte. Mit dem Elan einer jungen Komsomolzin geißelte sie vor der ehrbaren Versammlung den Sender, wo sie noch nicht lange her erfolgreich gearbeitet hatte, und warf RT Faktenverdrehungen, Finanzierung vonseiten Putins und andere Sünden vor.
Später sollten jedoch unangenehme Umstände des „freiwilligen Abschieds“ dieser Vorkämpferin für Wahrheit und Pressefreiheit auftauchen. Es stellte sich heraus, dass das mit „Sich amerikanisch empfehlen“ betitelte Spektakel gut vorbereitet und womöglich auch gut bezahlt war. Laut einer unabhängigen Untersuchung der Washingtoner Zeitung „Truthdig“ sollen hinter diesem medienstarken Abschied Neokonservatoren gesteckt haben. Darauf folgten weder Entschuldigungen noch Dementis. Wozu auch? Die mediale Verleumdung war ja schon getätigt worden. Der Rest ist nebensächlich. Die Glaubwürdigkeit der Tatsachen schert im Westen offensichtlich niemanden. Hauptsache ist, dem Publikum Angst einzujagen.
Einer der Meister in diesem „Horror“-Genre ist Matthew Armstrong, Mitglied des Rundfunkdirektoriums (Broadcasting Board of Governors, BBG). In seiner Rede vor dem US-Kongress im Oktober 2015 stellte er die „russische Propaganda“ der Terrormiliz „Islamischer Staat“ gleich und pries den ihm unterstellten Radiosender „Voice of America“ im „Widerstand gegen Informationsentstellungen“.
Der mediale Weltkrieg erreichte seinen Höhepunkt während der Ukraine-Krise. Man höre sich nur das Thema der Anhörungen im Außenkomitee des US-Senats im November vergangenen Jahres an: „Putins Invasion in die Ukraine und die Europa gefährdende Propaganda“. Das klingt teuflisch. Das Problem ist allerdings, dass die Vereinigten Staaten diesen Krieg bisher verlieren. Auf die Frage des Senators Ron Johnson, wo sich die USA auf der 10-Punkte-Skala befänden (10 Punkte entsprechen den wirksamsten Mitteln des Kalten Krieges), antwortete der Vizepräsident des Zentrums für Strategische und Internationale Studien der USA (CSIS), Heather Conley, Folgendes:
„Ich glaube, man kann uns zwisschen Punkt 3 oder 4 einstufen“, während der Sender RT – Punkt 7 oder 8. erreicht. Uns steht ein langer Weg bevor, bis wir genauso allgegenwärtig und einflussreich werden, wie das moderne Russland.“
EisernesArgument
Was tun? Diese ewige Frage der russischen Intellektuellen stellen sich nun auch die US-Denker. Den Kongressleuten werden verschiedene „Varianten der Reform des US-Auslandsrundfunkes“ angeboten, für die exorbitante Ausgaben gefordert werden. Der Nationale Geheimdienstdirektor und seine Kollegen, die auf dem Kapitol Rede und Antwort stehen, deuten bei jeder Gelegenheit an, dass die Feder und das Bajonett eigentlich dasselbe seien. Ihr eisernes Argument: Die Russen würden im Medienkampf führen, deswegen brauchten die US-Geheimdienste mehr Geld, um sie zu bekämpfen. Sollten die erforderlichen Mittel ausbleiben, ließe sich die globale Katastrophe nicht vermeiden. Kurzum: Die Gefahr ist so groß, dass man die schon ohnehin immense Finanzierung um das Mehrfache aufstocken soll.
Im Januar 2016 erklärte der BBG-Vorsitzende Jeffrey Shell in einem Interview für die „Washington Times“, dass die US-Regierung nur einen Bruchteil der Etats ausgebe, über die die Gegner der Behörde verfügten. Unter den wichtigsten Widersachern des BBG nannte Shell den Sender RT. Das Blatt selbst merkte übrigens an, dass die Tätigkeit von RT bei einer geringeren Finanzierung (in Höhe von 307 Millionen US-Dollar im Jahr) viel zielgerichteter und effizienter sei. Es sei am Rande bemerkt, dass der BBG-Etat für 2015 mehr als doppelt so groß wie der von RT ist – 721 Millionen US-Dollar. Dabei sollen die US-Behörde Heather Conley zufolge doppelt so schlecht arbeiten.
Allem Anschein nach wird das BBG wohl ein neues Geschäftsprojekt mit dem Titel „Informationskrieg gegen die russische Propaganda“ erfunden haben. Um es in die Tat umzusetzen, muss man den schon ohnehin erschrockenen Kongressleuten noch mehr Angst und Bange einjagen, um ihnen noch mehr Geld zum Kampf gegen das teuflische mediale Übel abzutrotzen. Das Projekt ist unbefristet, denn das Böse wird immer schlimmer und will mit mehr Geld bekämpft werden. Das Modell ist so schlicht wie genial.
Alle Mittel sind recht
Auf der Jagd nach einer größeren Finanzierung sind natürlich alle Mittel recht. Und unsere westlichen Kollegen genieren sich nicht, selbst zu verwerflichsten Mitteln zu greifen. Wir sind entstellte Fakten und unverfrorene Lügen schon lange gewohnt. So war es zum Beispiel 2008, als der Beschuss auf die südossetische Stadt Zchinwal durch Georgien für eine russische Aggression ausgegeben wurde; oder als man uns Märchen über den von einfachen Ukrainerinnen und Ukrainern geleisteten demokratischen Durchbruch und die völlig legitime „revolutionäre Aktivität der Massen“ erzählte, während auf dem Maidan Autoreifen brannten, Polizisten mit Brandflaschen beworfen wurden und unbekannte Heckenschützen aus Fenstern schossen; oder als man uns das Offensichtliche verweigerte und zynisch zu glauben zwang, dass die Opfer der Tragödie von Odessa sich selbst im Gewerkschaftshaus verbrannt hatten; oder als man im Fall der abgeschossenen malaysischen Boeing keine Beweise lieferte, weil das State Department schon ohnehin die Wahrheit wüsste. Und so weiter und so fort.
Die Liste solcher hohen Standards des freien Journalismus lässt sich noch weiter fortsetzen. Im Oktober 2015 rief der ehemalige Assistent des US-Außenministers für Demokratie, David Kramer, in der „Washington Post“ auf, sämtliche RT-Aktiva „im Zusammenhang mit beiden Gerichtsurteilen einzufrieren, die gegen Russlands Regierung Russlands im Fall der Erdölgesellschaft YUKOS“ gefällt worden waren. Jüngst ging der ehemalige US-Beamte noch weiter, indem er forderte, solche russischen Medien wie RT und Sputnik ohne Weiteres zu schließen. „Nicht wegen der Inhalte, die sie veröffentlichen, sondern wegen ihrer Finanzierungsquellen.“ Billig, aber effizient: dichtmachen statt konkurrieren! Kein Sender, kein Problem. Das kommt uns irgendwie bekannt vor… Ein Vorbild an Demokratie, nicht wahr? Es naht wohl die Stunde, wo die westlichen Medien plakativ warnen werden: „Andere Meinung haben ist streng untersagt!“
Die Macht der Tatsache
Es liegt auf der Hand, dass der Westen sein Monopol auf die Information einbüßt. Die westlichen Medien verlieren den von ihnen angezettelten Informationskrieg an allen Fronten und räumt das ehrlich, jedoch nicht ohne ganz hysterisch zu sein, ein. Nach der Meinung des Beamten des US-Außenministeriums William Stevens verstehe Moskau soziale Netzwerke zu seinen Zwecken perfekt auszunutzen. „RT hat Google gehackt“, sagte er und wies darauf hin, dass die Suchmaschine die populärsten Nachrichtenanfragen eben auf die RT-Seite verlinkt.
Im Januar 2016 bezeichnete der Vizepräsident der Stiftung zur Unterstützung der Demokratie (NED), Christopher Walker, in einem Bericht den Sender RT als eine der Hauptbedrohungen für die Vereinigten Staaten. „Eine lange Zeit kümmerte sich der Westen nicht wegen autoritärer internationaler Medien“, gab er zu. „Doch später wurde klar, dass solche Medien wie der chinesische Sender ʻCCTVʼ oder der russische ʻRTʼ die Zuschauerschaft real beeinflussen können.“ Walker nannte RT autoritär. Gleichzeitig fand er, dass BBC und Deutsche Welle, die zum Teil oder ganz aus dem Haushalt der jeweiligen Länder finanziert werden, „im Einklang mit dem grundlegend anderen Wertesystem“ arbeiteten. Und das heißt keine doppelten Standards!
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