Archiv für Juli 18, 2015

Europa wieder einmal in der Frontlinie

– Die Veröffentlichung der neuen „Militärstrategie der Vereinigten Staaten“ durch General Martin Dempsey hat die Welt in Erstaunen gesetzt. Ganz im Gegensatz zu den vorangegangenen Dokumenten der Obama-Verwaltung wird Russland als der Hauptgegner bezeichnet und China als Gegner an zweiter Stelle. Der „globale Krieg gegen den Terrorismus“ hat keinen Vorrang mehr.

| Rom (Italien) | 18. Juli 2015
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Der Chef des Vereinigten Generalstabs (JCS), General Martin Dempsey, verteilt am 2. Juli 2015 im Pentagon die neue „Militärstrategie der Vereinigten Staaten“.

– Während die Aufmerksamkeit der politischen Medien sich auf Brüssel konzentriert, wo zur Zeit über die Zukunft Griechenlands entschieden wird, ignoriert man weiterhin, dass Washington dabei ist, über die Zukunft Europas zu entscheiden – durch Vermittlung der von den Vereinigten Staaten kommandierten Nato, der mehr als drei Viertel der Länder der Europäischen Union angehören. Die jüngsten Vorfälle, die praktisch verschwiegen wurden, bestätigen dies.

– Poggio Renatico, eine kleine Gemeinde der Region Ferrare mit etwa 10.000 Einwohnern, ist gerade operativ zum ersten Zentrum der neuen Luft-Kommando und Kontrollsystem-Management Agentur der Nato geworden. Über den festen Standort hinaus verfügt es über „Entsendungskapazitäten, die der Oberste Alliierte Kommandeur für Europa (Supreme Allied Commander Europe SACEUR) nutzen kann, um komplexe Luftoperationen überall in der Nato-Zone und außerhalb der Zone durchzuführen“. Wenn sie fertiggestellt ist, wird die Kommandostruktur in Europa über mehr als 20 Zentren verfügen, durch die der SACEUR – immer ein durch den Präsidenten nominierter US-General – Luftkriegseinsätze in einer Zone von mehr als 10 Millionen Quadratkilometern ausführen lassen kann, von Westeuropa nach Asien bis nach Afrika. Da die mehr als 1.000 Milliarden Dollar jährlich, welche die Allianzmitglieder zum Militärkostenaufwand beisteuern, nicht mehr ausreichen, machen die Vereinigten Staaten (deren bloßes Pentagon-Budget sich auf 4,5 Prozent des BIP beläuft) Druck auf die europäischen Alliierten, damit sie ihre Militärausgaben auf 2 Prozent oder mehr des BIP ausweiten – ein Ziel, das heute nur von Großbritannien, Griechenland und Estland erreicht wird.

– Aber nun die gute Nachricht: Rumänien ist offiziell damit beschäftigt, seine Militärausgaben bis 2017 auf dieses Niveau hochzusetzen, und gibt damit den Alliierten ein Beispiel, wie man „die Investition in die Verteidigung erhöht“.

– Die Richtung, in der die USA Europa treiben, wird in dem Papier „The National Military Strategy of the United States of America 2015“, das im Juni vom Pentagon veröffentlicht wurde, deutlich vorgegeben. Die Vereinigten Staaten, die „das stärkste Land der Welt“ sind, haben im letzten Jahrzehnt „ihre Militärfeldzüge gegen die gewalttätigen extremistischen Netzwerke“ (al-Qaida, Daesh und andere) konzentriert. Aber gegenwärtig ändern sie ihre Strategie: „Heute und in vorhersehbarer Zukunft müssen wir eine größere Aufmerksamkeit auf die Herausforderungen richten, die durch staatliche Akteure gestellt werden, die die wachsende Fähigkeit haben, unsere Bewegungsfreiheit in den verschiedenen Regionen zu behindern und unser Vaterland bedrohen.“ Der gefährlichste „staatliche Akteur“ ist Russland, das „durch die Anwendung von Gewalt zur Erreichung seiner besonderen Ziele mit seinen Militäraktionen die regionale Sicherheit untergräbt“. Noch ausdrücklicher äußert sich General Joseph Dunford, der Kandidat für das höchste militärische Amt der Vereinigten Staaten, dem zufolge „die Atommacht Russland die größte Bedrohung für die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten darstellt“ [1]. Ein gefährlicher staatlicher Akteur ist dem strategischen Papier zufolge auch „China, dessen Aktionen zur Zeit die Spannung in der asiatisch-pazifischen Region verschärfen“. Bislang noch als niedrig bewertet, „ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Vereinigten Staaten in einen zwischenstaatlichen Krieg mit einer Großmacht gezogen werden, am Zunehmen“. Wir befinden uns also in einem neuen Kalten Krieg, der durch gewisse Aspekte gefährlicher ist als der vorangegangene und sich auf die asiatisch-pazifische Region ausbreitet.

– Und Europa findet sich damit aufs Neue von den Vereinigten Staaten unter Vermittlung der Nato zur vordersten Linie der Konfrontation zwischen Ost und West umgewandelt, mit Kollaboration der politischen und ökonomischen europäischen Oligarchen, die – trotz Konkurrenz untereinander – sich kompakt formieren, wenn es darum geht, die vom Westen beherrschte „Weltwirtschaftsordnung“ zu verteidigen. Genau die Ordnung, die heute von großen „staatlichen Akteuren“ in Frage gestellt wird durch Initiativen wie die von den BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) auf dem Ufa-Gipfel in Russland geschaffene Bank für Entwicklung, die – Euronews zufolge – „eine der größten Banken der Welt sein wird“.

Übersetzung
Sabine

Quelle
Il Manifesto (Italien)

beigefügte Dokumente

[1] „General Dunford bezeichnet Russland als die größte Bedrohung“, Übersetzung Horst Frohlich, Voltaire Netzwerk, 17. Juli 2015.

Manlio Dinucci

Manlio Dinucci Geograph und Geopolitiker. Letztes veröffentliche Werk : Laboratorio di geografia, Zanichelli 2014 ; Geocommunity Ed. Zanichelli 2013 ; Escalation. Anatomia della guerra infinita, Ed. DeriveApprodi 2005.

Eine Schule der Fleischfresser, in Italien
Über 1,5 Millionen Opfer des Terrors – Staatsstreiche und Militärinterventionen nach 1945 in Lateinamerika

– Von 1945 bis heute haben in Lateinamerika über 20 Militärputsche und ausländische Interventionen stattgefunden, zumeist unter US-Regie. Bei diesen Verbrechen gegen die Völker Lateinamerikas wurden über eine Million Menschen getötet. An den Folgen dieser Putsche und Militärinterventionen leidet Lateinamerika noch heute.

US-Soldaten während der Invasion der Karibikinsel Grenada 1983- Quelle: PETER CARRETTE

US-Soldaten während der Invasion der Karibikinsel Grenada 1983- Quelle: PETER CARRETTE

– Die Blutspur der US-Militärinterventionen und Putsche überzog nach 1945 die ganze Region. Es begann mit dem Putsch von General Rojas Pinilla 1953 in Kolumbien und dem Sturz von Präsident Jacobo Árbenz 1954 in Guatemala und endet bisher mit dem Putsch gegen Präsident Fernando Lugo am 22. Juni 2012 in Paraguay. In diesem Zeitraum haben in Lateinamerika über 20 Militärputsche und ausländische Interventionen stattgefunden.

E-Mails enthüllen Rolle der USA und insbesondere von Hillary Clinton bei Putsch 2009 in Honduras

– Bei diesen Verbrechen gegen die Völker Lateinamerikas wurden über eine Million Menschen getötet. Bürgerkriege und reaktionärer Staatsterror haben mehrere Millionen Lateinamerikaner zu Kriegsflüchtlingen gemacht oder ins Exil getrieben.

– Die Aufstellung über Opfer der Militärinterventionen und Putsche in Lateinamerika basiert hinsichtlich der Verifizierbarkeit der Zahlen auf unterschiedlichen Quellen und Erfassungssystematiken verschiedener Länder.

– Chronologie der Militärinterventionen und Putsche nach 1945:

Kolumbien: 1953 (Putsch durch General Rojas Pinilla) bis heute4: 6.800.000 Kriegsopfer, davon 950.000 Morde, Entführungen, Folterungen und Vergewaltigungen

Paraguay: Mai 1954: Putsch durch General A. Stroessner: 50.000 Tote; bei 19.882 Verhaftungen, 18.772 Gefolterte, 30.000 Verschwundene, 400.000 Vertriebene

Guatemala: 1954 (Sturz der Regierung Jacobo Árbenz), bis 19966: 200.000 Tote, 45.000 Verschwundene, 1.000.000 Vertriebene

Kuba: April 1961 (Invasion Schweinebucht) bis heute7: 3.700 Tote, 104 Milliarden US-Dollar Embargo-Verluste

Brasilien: März 1964 (Putsch unter General Castelli Branco) bis 1985:8 3.000 Tote, 200 Verschwundene, 20.000 Gefolterte

Bolivien: Putsch 1980:500 Tote, 4.000 Verhaftete

Evo Morales im RT-Interview: Europa, macht euch frei von US-Einfluss und IWF-Diktat

Dominikanische Republik: April 1965 (Militärintervention der USA)10: 4.000 Tote

Uruguay: 1973 (Putsch) bis 198511 700 Tote, 164 Verschwundene

Chile: 11. September 1973 (Putsch) bis 199012: 2.100 Tote, 1.100 Verschwundene, 200.000 Verhaftete, 100.000 Gefolterte, 400.000 Exilierte

Argentinien: 24. März 1976 (Putsch) bis 198213: 30.000 Tote und Verschwundene

El Salvador: 15. Oktober 1979 (Putsch) bis 199214: 75.000 Tote

Nicaragua: Somoza- Diktatur und Unterstützung der Contras15: 100.000 Tote, 350.000 Kriegsflüchtlinge

Peru: 1980 – 2000 Aufstandsbekämpfung gegen den „Leuchtenden Pfad“16:60.000 Tote, 7000 Verschwundene, 1.000.000 Vertriebene, 10.000 politische Gefangene

Grenada: 1983: Militärintervention der USA: 94 Tote, 511 Verwundete

Panama: 1989: Militärintervention der USA: 3 000 Tote

Venezuela: April 2002: Putsch gegen Präsident Hugo Chávez19: mehr als 100 Tote

Bolivien: September 2008: Putschversuch der Separatisten in Santa Cruz, keine Zahlen bekannt

Honduras: Juni 2009: Putsch gegen Präsident Zelaya, 100 Tote

Ecuador: 30. September 2010: versuchter Staatsstreich gegen Präsident Correa20: fünf Tote, 30 Verletzte,

Paraguay: 2. Juni 2012, Staatsstreich gegen Präsident Bischof Fernando Lugo, keine Zahlen bekannt

Bewertungen

– Der Bürgerkrieg in Kolumbien dauert über 60 Jahre. Im Juni 1953 stürzte General Rojas Pinilla mit der Losung „Frieden, Gerechtigkeit und Freiheit“ den 1949 an die Regierung gekommen Reaktionär Laureano Gomez, der als Anhänger Hitlers galt. Pinilla versprach, den Bürgerkrieg zu beenden. Es war aber nur eine neue Etappe der Gewalt. Der Krieg in diesem Land ist die schlimmste menschliche Katastrophe Lateinamerikas seit den Befreiungskriegen vor 200 Jahren. Seit 1953 wurden über 6,5 Millionen Kolumbianer zu Kriegsflüchtlingen. Mehr als eine halbe Million Kolumbianer passierten bis Januar 2011 ohne Dokumentation die Grenze nach Ecuador.

– Die Härte der militärischen Auseinandersetzungen zeigt sich auch darin, dass die Guerillabewegung Farc allein im Jahr 2011 über 2.100 Militäraktionen unternahm. Die Regierungsseite gab an, von 2008 bis 2011 über 7.300 Kämpfer der FARC getötet oder verwundet zu haben. Bei den grausamen inneren Auseinandersetzungen in Kolumbien kamen von 2002 bis 2007 mindestens 14.000 Zivilisten ums Leben. Am 15. Juni 2012 bestätigte die Staatsanwaltschaft Kolumbiens die Existenz von 180 Massengräbern, die von den faschistoiden Paramilitärs in den Jahren 1995 und 1996 in den nordöstlichen Regionen Choco und Antioquia angelegt worden waren23. Der volle Umfang der nationalen Tragödie wird sich erst nach Friedensschluss zeigen.

– Bei Paraguay wird eine Methode der Militärmachthaber besonders deutlich: Folter während der Verhöre. Von 19.882 offiziell Verhafteten wurden 18.772, also fast 95 Prozent gefoltert.

– Am Beispiel von Guatemala wird erkennbar, wie schwer und kompliziert es ist, diese über mehrere Jahrzehnte dauernden Bürgerkriege in Lateinamerika zu bewerten. „Wahrheitskommissionen“ wie in Guatemala 1999 unter Christian Tomuschat haben eher zur Vertuschung, bestenfalls zur teilweisen Dokumentation der Verbrechen der Regime beigetragen. Die Entdeckung des Geheimarchivs aus Zeiten der Diktatur „La Isla“ inmitten von Guatemala-Stadt im Jahre 2005 hat gezeigt, dass bekannte Zahlen schnell von einer noch grausameren Wirklichkeit eingeholt werden können. Mit der Wahl von Ex-General Otto Pérez Molina zum Staatspräsidenten im September 2011 übernahm ein „Aufstands-Bekämpfer“, ein Täter, das oberste Amt in Guatemala.

– Kuba befindet sich seit 1961 im „Fadenkreuz der USA“26. Nach der Niederlage in der Schweinebucht 1961 verhängte Präsident John F. Kennedy im Februar 1962 eine Wirtschaftsblockade gegen Kuba. Die USA, die Nato und auch die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland investierten Milliarden US-Dollar in Programme zum Sturz des politischen Systems in Kuba. Die den Nato-Richtlinien untergeordnete Lateinamerikapolitik der konservativen Bundesregierung strebte aktiv einen Regime-Wechsel in Kuba an27. Die Adenauer-Stiftung organisierte unter dem Titel „Transitions – Szenarien für Kuba“ Treffen extremistischer Gruppen von Castro-Gegnern aus Kuba und Miami28. Mit der Wiedereinsetzung von Steinmeier im Dezember 2013 in das frühere Amt ist eine Fortsetzung der bisherigen Kuba-Politik zu erwarten.

– In Bolivien lässt sich an den Putschen deutlich die direkte Steuerung einheimischer Militärs durch die USA ablesen, die in der Regel durch die als Militärattachés getarnte CIA-Residenten erfolgte. Präsident Víctor Paz Estenssoro hatte 1964 eine „Todsünde“ begangen: Er hatte sich der amerikanischen Kuba-Politik entgegengestellt. 1962 stimmte Bolivien gegen den Ausschluss Kubas aus der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und 1964 gegen die Blockade.

Militärs in Venezuela wegen Putschvorbereitung verurteilt – Anführer stand in Kontakt mit US-Botschaft

– Als Paz Estenssoro versuchte, Wirtschaftshilfe und Investitionen aus der Sowjetunion zu erhalten, wurde sein Sturz beschlossen. US-Oberst Edward Fox ließ General René Barrientos den Putsch starten. Im Jahre 1967 half dafür die Marineinfanterie der USA bei der Suche und Ermordung von Ernesto Che Guevara. Es folgten weitere Umstürze innerhalb der Putschregime, bis im Januar 1971 Oberst Hugo Banzer an die Macht kam und bis 1978 regierte. Nach Banzer entwickelte sich unter der Präsidentin Lydia Geiler eine bürgerliche Demokratie. Schon im Juni 1980 erlitt Bolivien den nächsten Putsch durch General García Meza. Einen besonders grausamen Beitrag bei Verhören, Folterungen außergerichtlichen Tötungen spielten hunderte Paramilitärs, „Novios de la muerte“, die von Altnazi Klaus Barbie ausgebildet worden waren. Bei dem Meza- Putsch wurden laut Menschenrechtsorganisationen 500 Menschen getötet und über 4.000 verhaftet. Garcia Meza und Ex-Innenminister Luis Arze Gómez wurden später rechtskräftig verurteilt, ihre Helfer nicht.

– In der Dominikanischen Republik kam nach mehreren Aufständen gegen die Trujillo-Diktatur der progressive Präsident Juan Bosch im April 1964 an die Macht und wurde bereits im September 1964 wieder gestürzt. Mit einer Invasionsarmee von 40.000 US-Marines wurde die spätere Diktatur von Joaquin Balaguer gesichert. Während der Kämpfe wurden 4.000 Dominikaner getötet. Darunter befanden sich viele Frauen und Kinder.

– Die Anzahl der Opfer in Uruguay konnten bis heute nicht definitiv bestätigt werden. Hier spielen die „Todesflüge“ wahrscheinlich eine große Rolle. Auffallend dabei ist, dass in Argentinien (120 Fälle) mehr Uruguayer entführt wurden als in Uruguay selbst (60 Fälle). Das ist auch ein Ergebnis der verbrecherischen „Operation Condor“. Die Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen in Uruguay scheiterte bisher an den noch gültigen Amnestiegesetzen. Weniger als ein Dutzend Militärs wurden verurteilt.

– Mit dem Putsch in Chile am 11. September 1973 begann die Diktatur des Generals Augusto Pinochet, die bis zum 11. März 1990 dauerte29. Unter den 3.000 Toten befanden sich hunderte Militärs, die verfassungstreu zu Präsident Salvador Allende standen. Darunter unbekannte Soldaten aller Dienstgrade bis hin zu Generälen wie René Schneider (getötet am 25.Oktober 1970), Carlos Pratts (getötet am 30. September 1974) oder Alberto Bachelet (getötet am 12. März 1974), dem Vater der derzeitigen Präsidentin Chiles. Nur wenige Militärs, überwiegend ehemalige Mitarbeiter des Geheimdienstes, wurden vor Gericht zur Verantwortung gezogen. Chile lebt in der Postdiktatur mit der Verfassung von Pinochet. Mit dem Sieg der Kandidatin der „Nueva Mayoría“(Neue Mehrheit), Michelle Bachelet, am 15. Dezember 2013, besteht die Möglichkeit, die Aufarbeitung der Diktatur entscheidend voranzubringen, wenn es gelingt, die Verfassung zu ändern.

– Der Militärputsch von General Videla, Admiral Massera und General Agosti am 24. März 1976 in Argentinien etablierte einen Staatsterror, der über 30.000 Todesopfer zur Folge hatte. Das betraf auch viele politische Flüchtling aus Uruguay, Chile, Bolivien und Paraguay, die im Rahmen der „Operation Condor“ auf dem Boden Argentiniens entführt, gefoltert oder getötet wurden. Mit der Regierung von Präsident Néstor Kirchner im Jahre 2003 und der Aufhebung der Amnestiegesetze durch das Verfassungsgericht begann in Argentinien die Strafverfolgung der Gewaltverbrechen während der Militärdiktatur in einer neuen Qualität. Über 1.000 Militärs mussten sich vor Gericht verantworten. Die Rolle von großen Unternehmen, auch deutscher wie Daimler Benz während der argentinischen Militärdiktatur ist noch juristisch aufzuarbeiten.

– Befasst man sich mit Nicaragua, muss man bis 1925 zurückgehen. Von 1926 bis 1933 kämpfte „El pequeño ejército loco“ (Das kleine verrückte Heer) unter Augusto Sandino gegen die Eindringlinge aus den USA. Dieser heroische Befreiungskrieg forderte 40.000 Menschenleben, in der Mehrzahl Bauern. Die Bezeichnung für die Patrioten des Heeres von Sandino habe ich von dem Argentinier Gregorio Selzer übernommen30. Die Somoza-Diktatur hinterließ 50.000 Tote. Das Land wurde durch offene Kriegshandlungen, Bombardierungen und Beschuss durch Flugzeuge „unbekannter Nationalität“ oder verminte Häfen, finanzielle Blockade, Sabotage und Zerstörung von Infrastruktur, Zuckerfabriken, Lebensmitteldepots und Kaffeefeldern verwüstet. 1986 verklagte die sandinistische Regierung vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag die USA. Diese wurden zu 1,7 Milliarden US-Dollar Schadenersatz verurteilt. Die US-Administration erkannte das Urteil nicht an.

– Bei El Salvador muss man in die 30er Jahre zurückgehen. Im Jahre 1932 erhoben sich Tausende Bauern gegen ihre inländischen und ausländischen Ausbeuter. Farabundo Martí kehrte aus dem Exil zurück. Bei der Niederschlagung des Aufstands wurden 30.000 Bauern getötet („La Matanza“ – Das Gemetzel). Farabundo Martí wurde standrechtlich erschossen. In dem Bürgerkrieg von 1979 bis 1992 wurden weitere 75.000 Menschen getötet.

– Am Beispiel der kleinen Insel Grenada (1/3 der Fläche der Insel Rügen) manifestierte im Oktober 1983 die Großmacht USA ihre hysterische Angstkampagne vor dem „Internationalen Kommunismus“. Am 25. Oktober besetzten 7.600 US-Soldaten unter Befehl von General Norman Schwarzkopf die Insel mit dem Ziel, ein „zweites Kuba“ zu verhindern. An der Invasionsarmee waren auch symbolische Kontingente einiger Karibikstaaten beteiligt. Unter den fast Hundert Todesopfern waren 25 Kubaner, weitere 59 wurden verwundet. Die amerikanische Invasionsarmee hatte 19 Tote und 116 Verwundete, hauptsächlich Opfer der Flugzeugabstürze außerhalb von Kampfhandlungen.

– Nach der „Unabhängigkeit“ von Panama im Jahre 1903 sind die USA dann 1989 zum siebten Mal in dieses Land eingefallen. Die Supermacht siegte in wenigen Stunden über eine der kleinsten Armeen Lateinamerikas. Über 3.000 Menschen wurden getötet. Bei der Panama-Invasion wurden 23 Amerikaner getötet, 324 verwundet.

– Wir befassen uns heute mit dem Thema „Aufarbeitung der Militärdiktaturen“ deshalb, weil einige nationale Konflikte immer noch militärisch weitergeführt werden. Das Töten, Vertreiben und Unterdrücken ist noch nicht beendet worden. Und nach Honduras 2009, Bolivien 2010, Ecuador 2011 und Paraguay 2012 wird deutlich, dass Putsche und Militärintervention von den USA trotz offensichtlichen Machtverlustes in Lateinamerika weiter als wirksames Instrument zur Durchsetzung ihres Einflusses und ihrer Interessen angesehen werden.

– Andreas von Bülow, Staatssekretär im Bundesministerium für Verteidigung der BRD von 1976 bis 1980, bewertete den „CIA-Putsch in Guatemala und Chile als Schablone für den Umsturz in Lateinamerika in den nächsten Jahrzehnten“. Das kulminierte in folgender Maxime einiger US-Administrationen: Mit dem „Faschismus gegen den Kommunismus“. Die USA wurden zur Hauptquelle des Terrors in Lateinamerika.

– Staatsstreiche auf diesem Kontinent wurden in der Regel durch Bündnisse von Militärs mit der einheimischen Oligarchie, Großgrundbesitzern und dem Großbürgertum möglich. Wie schon 1933 einige Teile der deutschen Gesellschaft es in ihrem Antikommunismus erlaubt hatten, dass der deutsche Faschismus an die Macht kam und zum 2. Weltkrieg und zum Holocaust führte, erlaubten es immer wieder Teile der Gesellschaft mehrerer Staaten Lateinamerikas im Rahmen der Ost-West-Auseinandersetzung den Militärs und Sicherheitsapparaten, „schmutzige Kriege“ gegen das eigene Volk zu führen. Das geschah in der Regel im „Kampf gegen den Kommunismus“ und um ein „zweites Kuba“ zu verhindern.

– Nach Ruth Fuchs ist „die Aufarbeitung von Menschenrechtsverletzungen“ das zentrale Problem und Indikator beim Übergang zur Demokratie33. Nur wenn die Täter entmachtet wurden, die von den Tätern erlassenen Amnestiegesetze aufgehoben wurden und die „Straflosigkeit“ annulliert wurde, konnte eine wahre Aufarbeitung erreicht werden. Das ist nicht nur eine Angelegenheit der Völker Lateinamerikas. Auch die bürgerlichen Demokratien Europas sollten sich noch heute fragen, inwieweit durch eine in den Zusammenhang der Ost-West-Auseinandersetzung eingebettete wohlwollende Haltung gegenüber den Diktaturen Lateinamerikas durch Regierungen Westeuropas, einschließlich der Bundesrepublik Deutschland, das Morden in Lateinamerika gefördert wurde.

– So wird eine von den Diktaturen und ihren Hintermännern nördlich des Rio Grande bereits vor 40 Jahren angewandte Methode – die „gezielten Tötungen“ – verstärkt in unserer Zeit praktiziert. Diese Methode wurde angewandt bei der Ermordung des Allende-treuen chilenischen Generals Carlos Pratts im September 1974 in Buenos Aires, am 24. Mai 1981 bei der Ermordung des Präsidenten Ecuadors, Jaime Roldos und zwei Monate später bei der Ermordung des Präsidenten Panamas, Omar Torrijos, am 31. Juni 1981 34.

– Wie sind die Völker Lateinamerikas mit diesen Tragödien umgegangen? Militärdiktaturen und Militärregierungen gehören zur traumatischen Erfahrung vieler Generationen in fast allen Ländern dieser Region. In Lateinamerika haben nur in elf Ländern „Comisiones de Verdad“ (Wahrheitskommissionen) gearbeitet. In wenigen Ländern sind solche Ergebnisse erreicht worden wie in Argentinien, wo etwa 1.000 Militärs der Prozess gemacht wurde.

– In dieser Arbeit wurden gesicherte Daten zu Menschenrechtsverletzungen dokumentiert. Mit Zahlen kann man die Verbrechen nur unzureichend beschreiben. Die Repression umfasste auch die Aufhebung bürgerlicher Rechte, das Verbot der politischen Betätigung, das Verbot von Parteien und Organisation, Isolierung, Angst, sexuelle Gewalt und andere Repressalien.

– Aktualisierte Fassung eines Vortrages aus Heft 181 der Pankower Vorträge der „Hellen Panke“ vom 22/23. Juni.

Anmerkung zum Autor: Dr. Winfried Hansch ist Autor zahlreicher Studien zu Lateinamerika, speziell zu Argentinien, Mexiko und Beziehungen USA – Lateinamerika. Er war elf Jahre im Diplomatischen Dienst der DDR in Argentinien (1977 – 1982) und Mexiko (1985 – 1990) tätig. Seit 2007 ist er Vorsitzender der Alexander- von- Humboldt- Gesellschaft

Dieser Artikel ist zuerst auf amerika21.de erschienen. Er wird im Rahmen einer Content-Partnerschaft auf rtdeutsch.com publiziert.

A line of trucks loaded with logs in the Central African Republic (File photo)

Eine Reihe von Lastwagen geladen mit Holz in der Zentralafrikanischen Republik (Datei-Foto)

-Ein neuer Bericht hat die Komplizenschaft von mehreren ausländischen Holz-Unternehmen in der anhaltenden Krise in der Zentralafrikanischen Republik (CAR) ans Licht gebracht, und das sie die bewaffnete Gruppen, die in dem Konflikt heimgesuchten Land operieren, finanziert haben.

– Holz-Firmen aus Frankreich, Libanon und China bezahlten fast 3,4 Millionen Euro (USD 3,7 Millionen) für Sicherheit und Kontrolposten der Seleka Miliz-Gruppe im Jahr 2013. Der Bericht wurde am Mittwoch vom Londoner Kampagnengruppe Global Witness veröffentlicht.

– Die Holzfirmen bezahlt auch fast 128.000 Euro (USD 140.000) an die christlichen Anti-Balaka Kämpfer im Jahr 2014, hat der Bericht hinzugefügt. (Typisch….die Methode wird auch gerne von der USA-Regierung benutzt….Frankreich und Italien haben sich auch seinerzeit an der verbotenen Abholzung von wertvolle Hölzer in Liberia unter Präsident Taylor beteiligt.Anm.d.Ü.).

„Die Beschäftigung und Entwicklung Vorteile der Holzindustrie wurden sehr lange durch die Gebergemeinschaft übertrieben worden, und werden durch des Sektors Missbrauch und Verluste des Baumbestandes in der Zentralafrikanischen Republik weit übertroffen“, so der Bericht.

– Der neu veröffentlichte Bericht ging auch weiter und die EU-Mitgliedstaaten kritisiert, weil die 28 EU-Staaten gescheitert sind, dem illegalen Holz Handel in Europa zu verhindern, und haben die EU-Länder aufgerufen alle Handels- und Verbindungen zu CAR Holzindustrie zu kappen.

„Es ist tragische Ironie, während europäische Regierungen Hunderte Millionen Euro an militärischen und friedenserhaltenden Operationen in CAR investieren, die dieselben Regierungen haben versagt Konfliktholz von EU-Märkten fernzuhalten“, sagte Alexandra Pardal, Global Witness Kampagne Führer, in einer Erklärung.

– Seit Dezember 2013, die Zentralafrikanische Republik ist der Szene von Gewalt, seit christlichen Miliz koordinierte Angriffe gegen die überwiegend muslimischen Seleka-Gruppe gestartet haben, die im März 2013 die Regierung gestürzt hatten. (Ich habe seinerzeit mehrere Berichte darüber übersetzt, und soweit ich mich erinnern kann, Frankreich stand hinter des Regimewechsels, man wollte eine christliche Regierung wieder an die Macht bringen….Anm.d.Ü.)

Französische Truppen sind mit leicht gepanzerte Fahrzeuge an einem Checkpoint in Bangui, die Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik gesehen. (© AFP)

– Frankreich entsandte Truppen nach CAR im Dezember 2013 unter dem Vorwand, nach dem Ausbruch der Gewalt, Ordnung in seine ehemalige Kolonie, wieder Ordnung herzustellen zu wollen.

– Seit Beginn des Konflikts in den afrikanischen Binnenstaat, mindestens 5.000 Menschen wurden getötet und etwa 1 Million vertrieben (Bevölkerung 4,7 Millionen), so sagen neueste Berichte. (das Land hat Diamanten….und die Bevölkerung lebt mit 400 $ im Jahr….Anm.d.Ü.).

siehe auch: mundderwahrheit – https://mundderwahrheit.wordpress.com/tag/christliche-milizen/

Tweet auf: http://www.rt.com/usa/310156-dozens-arrested-nyc-garner-protest/

New York July 17, 2015 © Eduardo Munoz
– Mindestens zwei Dutzend Menschen wurden bei Demonstrationen in New York verhaftet, die den ersten Jahrestag von Eric Garner Tod aus Staten Island markieren. Garner starb nach einem Polizisten-Würgegriff während die Verhaftung, die Demonstranten fordern immer noch Reformen.
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– Einer von der Dutzende in Midtown Manhattan wurde festgenommen wei er eine Megafon verwendete. Die New York Police Department (NYPD) verlangt einer Genehmigung, um ein Megafon an Kundgebungen und Demonstrationen zu verwenden.

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–  Laut Berichten am Tatort, die Polizei hat mindestens drei Vans mit verhafteten Demonstranten voll gepackt.

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– Während der Nacht, die Menschen marschierten entlang der Central Park, in Richtung Süden Sixth Avenue, begleitet von Polizeibeamten zu Fuß, mit Plastik Handschellen voll bepackt und andere Offiziere folgten auf Roller. Viele gehaltenen Schilder hatten der Aufschrift „starke Gemeinden machen Polizei obsolet“ und „Polizeigewalt beenden“.

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– In Richtung Herald Square, die Menschen hielten einen Moment der Stille und inszeniert ein Sit-in.

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– Demonstranten marschierten auch zur Penn Station.

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– Wie sie zur 21st Street Süden marschierten, wurden weiter von der Polizei begleitet.

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– Die Rallye endet am Union Square, aber Menschen wurden gesehen wie sie in Richtung One Police Plaza marschierten, wo diejenigen die verhaftet worden waren, auch gebracht wurden.

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– Früher in den Tag auf Staten Island Garners jüngste Tochter Legacy-Miller, und ihre Mutter Jewel Miller, haben Tauben vor der Tompkinsville Laden wo Garner wortwörtlich seinen letzten Atemzug tat, freigelassen.

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– Eine Gruppe von 20 ging zu der Staten Island Ferry um den Jahrestag zu markieren.

– Garner wurde von der Polizei am 17. Juli 2014 gestoppt, da sie glaubten, dass er lose Zigaretten verkaufen wurde. Ein Video von ein Zuschauer gedreht, zeigt Garner, der schwarz ist, wie er die Offiziere sagte, sie sollten ihn in Ruhe lassen und sich weigerte mit Handschellen gefesselt zu werden.

– Officer Daniel Pantaleo, der weiß ist, platziert seinen Arm um Garners Hals um ihn nach unten zu ziehen. Garner ist hörbar, wie er vor dem Bewusstein zuverlieren, keuchend 11 Mal sagte, „Ich kann nicht atmen!“.

– Seinem Tod, gepaart mit Polizei Tötungen von unbewaffneten schwarzen Männern anderswo in USA, hat Proteste im ganzen Land gegen die Strafverfolgung Behandlung von Schwarze verursacht.

Tweete

– Der Vertrauensarzt der Stadt hat festgestellt, dass den Würgegriff zu Garners Tod beigetragen hatte, und sagte es war Mord, aber eine Grand-Jury lehnte es ab, Pantaleo anzuklagen.

– Würgegriff sind von NYPD Richtlinien verboten. Pantaleo hat gesagt, dass er ein legaler Haltegriff um Menschen runterziehen, auch als Gurt Griff bekannt verwendet hat , es hat kein Würgegriff verwendet.

 New York July 17, 2015. © Eduardo Munoz

– Garner’s Familie hat diese Woche fast 6 Millionen $ Abfindung von der New York Verwaltung für den Tod Garner bekommen – die größte in der Stadtgeschichte, wo ein Polizeibeamter dem Tod eines Zivilisten verursacht hat.

– Garner’s Familie sagte, dass die Abfindung bedeutete kein Sieg und gelobte, die Zentralregierung weiter zu drängen die Bürgerrechte zu reformieren.

New York July 17, 2015 © Eduardo Munoz

– Die Justiz-Abteilung und US Staatsanwaltschaft in Brooklyn untersuchen, ob genügend Beweise vorliegen, Anklage gegen den Offizier zu erheben, Garner s Bürgerrechte vorsätzlich verletzt zu haben. Diese Fälle sind selten, nachdem eine Grand-Jury gegen eine Anklage entscheidet.

New York July 17, 2015 © Eduardo Munoz

– Seit Garnes Tod, Pantaleo ist nicht mehr im aktiven Dienst und bleibt eine interne Prüfung unterworfen. Das NYPD verzichtet auf alle Entscheidungen über Pantaleos Zukunft innerhalb der Abteilung zu nehmen, bis die Zentralregierung Untersuchung nicht geschlossen ist.