Archiv für Mai 4, 2015

 A picture taken on May 3, 2015, shows smoke billowing as supporters of fugitive former Yemeni president, Abd Rabbuh Mansur Hadi, clash with Ansarullah fighters in the Khor Maksar neighborhood of the southern Yemeni city of Aden. ©AFP

– In Europa wachsen die militärischen Spannungen, während die Nato ihre Manöver rings um Russland vervielfacht. Der unglaubliche militärische Aufmarsch diverser Kriegsspiele soll die technologische Unterlegenheit des Bündnisses ausgleichen. Entgegen der verbreiteten Vorstellung sind die Vereinigten Staaten und die Nato in Rüstung und Waffen-Produktionskapazität Russland und China zwar quantitativ überlegen, aber nicht qualitativ.

| Rom (Italien) | 2. Mai 2015
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Admiral Ferguson und General Breedlove

– Noble Jump heißt das Nato-Manöver, das vom 7. bis 9. April in Deutschland, Holland, Tschechien und acht anderen europäischen Staaten stattfand. Innerhalb von 48 Stunden wurden dort Tausende von Soldaten der „Eingreiftruppe Speerspitze“ mit sehr hoher Geschwindigkeit für den Einsatz mobilisiert; sie sind Teil der „Nato-Reaktionsstreitmacht“ mit 30.000 Soldaten. Die zweite Phase spielt sich vom 9. bis 20. Juni in Polen ab, wo Truppen aus Deutschland, den Niederlanden, Tschechien, Norwegen und anderen Staaten aufmarschieren werden. Damit wird Trident Juncture 2015 vorbereitet, ein Manöver, das vom 28. September bis 6. November in Italien, Spanien und Portugal mit Land-, Luft- und Seestreitkräften sowie Spezialeinheiten aller Nato-Länder ablaufen wird. Mit 25.000 Teilnehmern, wie die US Army Europa ankündigt, wird es „das größte Nato-Manöver seit dem Fall der Berliner Mauer“ sein. Es wird die Einsatzfähigkeit der „Reaktionsstreitmacht“ testen, deren Rolle – einem Nato-Sprecher zufolge – darin liegt, „auf eine Krise zu reagieren, noch ehe sie anfängt“, mit anderen Worten: den „Präventivkrieg“ zu führen.

– Die Leitung des Manövers hat das JFC Naples, Hauptkommando der Nato (mit Hauptquartier in Lago Patria) unter Befehl des US-Admirals Mark E. Ferguson III., gleichzeitig Kommandeur der US-Seestreitkräfte in Europa und des Afrikanischen Kommandos (AfriCom). Wie der US-General Philip M. Breedlove – alliierter Oberbefehlshaber Europa (der Nato-Befehlshaber wird immer vom Präsidenten der Vereinigten Staaten ernannt) – erklärt, geben die Manöver „einen klaren Beleg dafür, dass unser Bündnis die Fähigkeit und den Willen hat, auftauchenden Herausforderungen an die Sicherheit unserer Süd- und Ostflanken zu begegnen“. Das bedeutet, dass es die Fähigkeit und den Willen hat, von den europäischen Basen aus weitere Kriege in Nordafrika, dem Nahen Osten (wo sich eine erneute Militärintervention in Libyen anbahnt) und in Osteuropa zu führen. An ihrer „Ostflanke“ macht die Nato, nachdem sie die Explosion der ukrainischen Krise ausgelöst hat, immer mehr Druck auf Russland.

– Das größte Nato-Seemanöver der Serie Joint Warrior läuft, gegen Russland gerichtet, mit über 50 beteiligten Kriegsschiffen und 70 Jagdbombern aus 14 Ländern einschließlich einer Marinegruppe unter italienischer Führung vor der schottischen Küste (11.–24. April). Im Schwarzen Meer, wo im März ein Nato-Manöver stattfand, an dem auch Italien teilnahm, kreuzen die US-Kriegsschiffe auf den Grenzen der russischen Hoheitsgewässer. Als ein unbewaffneter, aber für die elektronische Kriegsführung ausgerüsteter russischer Jagdbomber das Flugkörperschnellboot Donald Cook überflog, protestierte das Pentagon gegen „diese provokative russische Aktion, die die internationalen Protokolle verletzt“ [[„Was machte dem USS Donald Cook im Schwarzen Meer so Angst?“, Übersetzung Horst Frohlich, Voltaire Netzwerk, 22. September 2014. Legal sind hingegen für Washington die US-Drohnen Global Hawk, die das Schwarze Meer und die Ukraine überfliegen. Und dass aus Vicenza ein US-Konvoi der 173sten Luftlandebrigade mit Waffen und Ausrüstung für die Operation Fearless Guardian angekommen ist: für ein sechsmonatiges Training von drei Bataillons (eindeutig mit Nazi-Ausrichtung) der ukrainischen Nationalgarde durch ungefähr 300 US-Fallschirmjäger. Zu denen sich Hunderte von Ausbildern aus Großbritannien und Kanada gesellen. Ottawa liefert auch hoch aufgelöste Bilder von seinem Satelliten Radarsat-2 an Kiew für den militärischen Gebrauch.

– Und Deutschland? Während es einerseits durch Verhandlungen mit Moskau von Washington abzuweichen scheint, nimmt es andererseits an den Nato-Manövern gegen Russland unter dem Kommando der USA teil und bewaffnet gleichzeitig Litauen durch das Angebot von Panzerhaubitzen 2000, die zwölf 155-Millimeter-Geschosse in der Minute mit einer Reichweite von 30 bis 40 Kilometern abfeuern können. Dieselben Haubitzen, die von Deutschland im Nato-Krieg gegen Afghanistan eingesetzt wurden.

Übersetzung
Sabine

Quelle
Il Manifesto (Italien)

Die russischen Behörden veröffentlichen kaum Dokumente zu ihrer Sicht der Welt. Die Sendung „Direkte Verbindung“ mit Wladimir Putin bietet daher eine seltene Gelegenheit Moskaus Entwicklung der Wahrnehmung der Dinge zu bewerten. Abgesehen von der Leistung des Präsidenten, der während 4 Stunden auf die Fragen seines Volkes geantwortet hat, wird man festhalten, dass Russland auf die Regelung seiner Beziehungen zu den Vereinigten Staaten wahrscheinlich verzichten wird, und sich auf eine lange Trennung von dem Westen vorbereitet.

| Damaskus (Syrien) | 4. Mai 2015
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Während Präsident Obama vermeidet, Fragen seiner Mitbürger zu beantworten und öffentlich nur Teleprompter liest, improvisiert Präsident Putin mit seinem Volk eine lange Sitzung mit Fragen und Antworten.

Am 16. April unterzog sich Wladimir Putin einer unwahrscheinlichen Übung: während vier Stunden ohne Unterbrechung, live, auf zugleich drei Fernsehsendern und drei Radiosendern auf Fragen seiner Landsleute zu antworten. Die Organisatoren erhielten während der Sendung mehr als 3 Millionen Anrufe und dem Präsidenten wurden 74 Fragen gestellt [1].

Auch wenn einige Fragen eindeutig vorbereitet waren, wurden andere improvisiert. Wladimir Putins Reaktionen machen eindeutig sein Denken klar.

Wie regieren

Zunächst erklärte der Präsident seine Vision von den Institutionen ohne Bezugnahme auf die abendländischen Kategorien wie „Republik“ (Dienst im allgemeinem Interesse) oder „Demokratie“ (Regierung des Volkes durch das Volk) oder auf das Konzept des Beraters Wladislaw Surkov der „Souveränen Demokratie“ (d.h. ein volkstümliches Management ohne ausländische Einmischung).

Ihm zufolge ist die Rolle des Staates, seine Bürger zu unterstützen und die der politischen Führer, die Einheit und Stabilität des Volkes aufrechtzuerhalten. So erklärt er, dass er jene Entscheidung abgelehnt habe – die vernünftigerweise wünschenswert gewesen wäre -, weil sie die Einheit des Volkes zerstört hätte. In ähnlicher Weise ist er gegen häufige Gesetzesänderungen, weil die Leute den Führern nicht vertrauen können, wenn sie ständig die Spielregeln ändern. Er zeigt ein komplettes Desinteresse für das westliche Management mit seinen Steuervergünstigungen für bestimmte soziale Kategorien und seinen gehaltsbedingten Zuschüssen. Er sieht vielmehr seine Rolle darin, Großprojekte zu planen und einfachste Regeln vorzuschreiben.

Die Wirtschaftspolitik

Wie in allen Ländern betrafen die Fragen der Bürgerinnen und Bürger zunächst wirtschaftliche Probleme. Russland hat gerade eine schwere Krise wegen der westlichen Embargos (die so genannten „Sanktionen“) und dem Rückgang der Öl-Weltmarktpreise durchgemacht. Die Kaufkraft der Pensionen wurde beibehalten, aber angesichts der Inflation sanken die Wertpapiere um etwa 10 %.

Für Wladimir Putin kommt das Hauptproblem vom Rückgang der Ölpreise und der Einnahmen, die er verursacht hat. Er ist der Auffassung, dass sein Land sich dieser neuen Situation, die voraussichtlich andauern wird, anpassen muss. Auf der anderen Seite verringern die Embargos absolut nicht den Reichtum des Landes, aber zwingen Russland sich anders zu organisieren. Sie ermöglichen nach der Zeit des harten Wettbewerbs, die dem Beitritt zur WTO folgte, selbst eine Pause einzulegen. Russland sollte die Gelegenheit nutzen, seine teilweise bedrohte Landwirtschaft zu retten. Es muss für die Bauern getan werden, aber auch aus strategischer Notwendigkeit. Das Embargo hat gezeigt, dass das Land nicht autark ist und seine Ernährungssicherheit gefährdet sein könnte.

Wladimir Putin glaube nicht, dass das westliche Getue – einschließlich der Manipulation von privaten Schulden, um die Regierung dafür schuldig zu machen – das russische Bankensystem bedroht. Er denkt den Rubel Ende 2016 stabilisieren zu können.

Die Außenpolitik

Was die Außenpolitik angeht, beteuert Wladimir Putin, dass er keinen imperialen Ehrgeiz habe. Er kritisiert selbst die Art und Weise, mit der die Sowjetunion ihren Partnern das eigene Wirtschaftsmodell aufgedrungen hatte und räumt ein, dass Russland heute diesen Fehler bezahlt.

Er behauptet jedoch seine Verantwortung zum Schutz aller, ob mit oder ohne russischen Pass, die sich der russischen Kultur zuerkennen.

Auf die Frage, wer die Feinde von Russland seien, nannte er den Terrorismus, die Fremdenfeindlichkeit und die organisierte Kriminalität. Er behauptet, dass sein Land keinen Staat als Feind betrachte und bittet andere Staaten ebenso zu reagieren.

Nach dieser Aussage hält er die Vereinigten Staaten jedoch für ein Imperium, selbst wenn er sie formal nicht so bezeichnet, und klagt sie an, keine Verbündeten, sondern nur Vasallen zu haben. Er stellt fest, dass sie Boris Jelzin verehrt haben, bis er ihnen in Jugoslawien die Stirne bot und sie ihn dann mit Schimpfworten überhäuften. Ganz allgemein wirft er ihnen vor, was er der UdSSR vorwirft, nämlich anderen das eigene Wirtschaftsmodell auferlegen zu wollen. Und stellt dann fest, dass sie beide ebenso fehlgeschlagen haben, und jetzt dafür den Preis zahlen müssen.

Was die Ukrainer angeht, ist er der Auffassung, dass Washington die Enttäuschungen der Menschen geschürt habe, als es ihnen von Nationalismus sprach. So halten sie Russland, das $ 32 Milliarden bei ihnen investiert hat, für einen Feind, die Vereinigten Staaten aber für einen Verbündeten, obwohl sie nur $ 5 Milliarden investiert haben. Er behauptet, dass Russland aus innerpolitischen lokalen Gründen verloren habe, ohne anzugeben, welche frühere ukrainische Verbündete seines Landes er in Frage stellt. Für ihn ist es wichtig, die Bevölkerung russischer Kultur vom Donbass und Lugansk zu retten, Grund, warum er die Abkommen von Minsk in die Realität umsetzen will.

Um die russischen Allianzen klarzustellen, zitiert Wladimir Putin drei Organisationen:
- die BRICS;
- die Organisation des Vertrags von Shanghai;
- und die Organisation der kollektiven Sicherheit, die ein militärisches Bündnis ist.
Aber nicht die eurasische Wirtschaftsunion, die noch als embryonal erscheint.

Die Verteidigungspolitik

Präsident Putin zitiert den Zaren Alexander III., für den Russland der einzige wirkliche Verbündete nur seine Armee und seine Flotte war. Er bestätigt, dass sein Land ungefähr die gleichen nuklearen Fähigkeiten wie die Vereinigten Staaten habe und kommt zu dem Schluss, dass man aus dieser Sicht sich zu Recht auf die eine oder die andere Seite stellen kann. Schließlich kündigte er an, dass in 2020 70 % der militärischen Ausrüstung erneuert sein wird. Die Armeen werden daher ihre ehemalige Macht wieder erreicht haben.

Was die bei Frankreich bestellten Mistral Schiffe angeht, stellte er fest, dass es dabei mehr um Hilfe für die französischen Werften ging, als um den russischen Bedarf zu decken; eine elegante Art, die zuvor zwischen Nicolas Sarkozy und Dmitry Medvedev (der damals versuchte, gegen ihn für die Präsidentschaft zu kandidieren) aufgeteilten Schmiergelder zu verschweigen. Er kündigt an, dass er nur die Rückzahlung für die bereits bezahlten Beträge beantragen wird, wenn die Schiffe nicht geliefert werden. Man muss zugeben, dass die Souveränität und die Zuverlässigkeit von Frankreich seit seiner Rückkehr innerhalb des integrierten NATO-Generalstabes nicht mehr so sind, wie sie früher waren, fährt er fort.

Über das islamische Emirat befragt, meinte er, dass diese Organisation im Irak entstanden sei und aus vielen irakischen Soldaten bestünde, die von den amerikanischen Besatzern und den von ihnen eingesetzten Kräften marginalisiert worden wären. Er warnt vor der Gefahr, welche die russischen Bürger und die der Länder der ehemaligen Sowjetunion bedeuten, die Daesh beitraten und die in das Land zurückkehren können, um Anschläge zu verüben.

Der Gründer-Sieg gegen den Nationalsozialismus

Wladimir Putin multipliziert die Anspielungen auf den „großen vaterländischen Krieg“, d.h. auf den zweiten Weltkrieg und den Kampf gegen den Nationalsozialismus. Er ist in seinen Augen der Gründungsakt des modernen Russland, jener, durch den sehr verschiedene Völker ihre gemeinsame Freiheit erlangt haben. Dabei gibt er zu, dass die Revolution von 1917, wie auch die Schaffung der Föderation im Jahr 1991, nicht vereinheitlichende Ereignisse waren.

Diese Referenz zwingt ihn, die Präsenz der Nationalsozialisten an der Macht in Kiew ohne Möglichkeit einer Verhandlung zu denunzieren, während die Europäische Union sich damit gut abfindet. Sie erlaubt ihm auch darauf hinzudeuten, dass die Vereinigten Staaten die Nachfolger des Dritten Reiches seien, was er in der Vergangenheit schon erklärt hatte und was gewalttätige Polemik ausgelöst hatte.

Übersetzung
Horst Frohlich

[1] “Direct Line with Vladimir Putin”, by Vladimir Putin, Voltaire Network, 16 April 2015.

Members of the Garland Police Department stand inside the Curtis Culwell Center, Sunday, May 3, 2015, in Garland, Texas.

Mitglieder der Polizei von Garland befanden sich innerhalb der Curtis Culwell Mitte, Sonntag, 3. Mai 2015, in Garland, Texas.

– Zwei Menschen wurden getötet und ein Wachmann angeschossen und verletzt außerhalb einen Wettbewerb für  Karikaturen des Propheten Muhammad (PBUH) in Garland, Texas, USA, so die Berichte.

– Der Vorfall ereignete sich am Sonntagabend außerhalb eines Gebäudes, wo eine anti-islamische Gruppe, American Freedom Defense Initiative, den provozierenden Wettbewerb inszenierte, der $10.000 für die Karikaturen vergeben würde.

– Die Veranstaltung hatte der extremistische niederländische Politiker Geert Wilders (der Superoxid Arier) als Hauptredner der für seine Anti-Islam-Propaganda berüchtig ist.

– Es war nicht sofort klar ist, ob die Schießerei mit dem Ereignis zusammenhing.

– Zunächst, die Polizei sagte ein Offizier wurde verletzt, aber sie später revidiert die Aussage, um das Opfer als Wachmann zu identifizieren.

– Der Islam verbietet jede körperliche Darstellungen oder Bilder der Prophet (PBUH). Solche Abbildungen gelten als blasphemisch von Muslimen.

Kommentar: Warum ich diese Artikel so betiteln: die American Freedom Defense Initiative ist nicht andere als eine Organisation von Zionisten geleitet und bestimmt finanziert. Lilian Geller, auch Pamela Oshry genannt ist Jüdin, hat mit Robert Spencer der Organisation gegründet. Früher war sie Vorsitzender ein pro-israelisches Project. Ich habe mehrere Artikel über ihre billige und dreckige anti-moslemische Propaganda z.B. in USA-U-Bahnen übersetzt.

http://fredalanmedforth.blogspot.de/ oder Jihad Watch Deutschland – Der heimliche Orientalismus Deutschanlds, durchleuchtet von Fred Alan Medforth schreibt:Deutsche Jihadisten- und Antisemiten-Presse hetzt gegen Pamela Geller….kann sein, ich sage nur was über Frau Heller berichtet wird sind Tatsachen und keine Märchen…Fred Alan Medforth soll sich den Satz von Luigi Pirandello in seinem Büro aufstellen: „Im Land der Lüge, die Wahrheit ist eine Krankheit.

 

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Die Türkei von heute setzt den armenischen Genozid fort

Die Welt hat soeben den einhundertsten Jahrestags des Völkermords an den Nichtmoslemen der Türkei begangen. Konträr zu den gängigen Vorstellungen hat dieses Verbrechen schon mit den von Sultan Abdülhamid II. angeordneten Hamidischen Massakern von 1894–95 begonnen; durch die von den Jungtürken geplanten Massaker von 1915 bis 1923 wurde es in sehr großem Maßstab weitergeführt und besteht heute fort durch die von Recep Tayyip Erdoğan organisierten Massaker von Deir ez-Zor und Kessab. Seit 120 Jahren morden aufeinander folgende türkische Mächte bei allgemeiner Gleichgültigkeit die nichtmoslemische Bevölkerung, um eine homogene Nation zu begründen.

| Damaskus (Syrien) | 2. Mai 2015
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Feier in Jerewan zum Gedächtnis des Völkermords in Armenien

In diesem Artikel werde ich nicht die Frage der Wiedergutmachung behandeln, die mir die Debatte zu beschmutzen scheint, sondern einzig die Art, wie den Verbrechen gegen die Menschlichkeit Widerstand entgegengesetzt werden muss. Ich werde den Begriff des Genozids in seiner ursprünglichen Bedeutung anwenden, wie sie von Raphael Lemkin als „Zerstörung einer Nation oder einer ethnischen Gruppe“ entwicklet wurde [1].

Die Jahrhundertfeier zum Gedächtnis des Völkermords an den nichtmoslemischen Türken hat zu einem Festival der Heuchelei geführt. Während einige Staaten das Gedenken an die Opfer in Jerewan begingen, zeigten andere ohne Scham ihr wahres Gesicht.

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Sultan Abdülhamid II. wollte eine homogene islamistische Türkei schaffen. Dafür ließ er die nichtmoslemische Bevölkerung vertreiben oder umbringen.

- Zuerst die Türkei, deren Ahnen das Verbrechen begingen. Präsident Erdoğan hatte hier die Gelegenheit, diese sehr alte Sache, für die er keinerlei Verantwortung trägt, zu bekennen. Damit hätte er aus seinem Land einen Normalstaat machen können. Aber nein! In Lügen verstrickt hat er die Geschichte geleugnet und behauptet, es hätte „nur“ 100.000 Tote gegeben und sie seien für ihre Teilnahme an terroristischen Aktionen getötet worden.

Indem sie sich in diesen Wahn hineinreitet, offenbart die heutige Türkei nicht nur ihre Unterstützung für die Hamidischen Massaker des Sultans Abdülhamid II. (1894–95) – die zwischen 80.000 und 300.000 Opfer forderten –, sondern auch für die Verbrechen durch die „Sonderorganisation“ des Komitees für Einheits und Fortschritt (frz.: CUP) von 1915 bis zur Wahl von Mustafa Kemal Atatürk zum Präsidenten der Republik (1923) – die zwischen 1.200.000 und 1.500.000 Toten forderten – und ihre ideologische Fortsetzung durch das heutige Regime. Die konstatierten wir alle mit Entsetzen, als wir im letzten Jahr, in 2014, sahen, wie die türkische Armee die Al-Nusra-Front (das ist Al-Qaida in Syrien) nach Kessab begleitete und dort die armenische Bevölkerung vertrieb. Oder auch als dieselbe türkische Armee dem Islamischen Staat (Daesh) half, die Gedenkstätte von Deir ez-Zor in die Luft zu sprengen, ein Mahnmal für die Vernichtung von mehr als 200.000 Armeniern im Jahr 1916 in einem Lager, das von den Türken dort für sie eingerichtet worden war.

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Ismail Enver, genannt „Enver Pascha“, stürzte Sultan Abdülhamid II., führte aber dessen Politik des Völkermords fort.

Der Panislamismus, das Projekt des Sultans Abdülhamid II. und der Jungtürken von gestern wie das der AKP [der türkischen Regierungspartei] von heute bedeutet, Führer der sunnitischen Welt zu sein und in der Folge einen homogenen sunnitischen Staat zu schaffen. Dieses Vorhaben machte es notwendig, die Christen (Armenier, Pontosgriechen und Assyrer/Chaldäer) sowie die Jesiden zu vernichten. Und so kam es. So wie heute Daesh die Christen und die Jesiden vernichtet.

Die Intervention der türkischen Armee auf syrischem Territorium, in Kessab und Deir ez-Zer, hängt mit diesem Vorhaben zusammen. Recep Tayyip Erdoğan hofft auf die Annexion Nord-Syriens, wenn die Nato den Präsidenten Bachar al-Assad gestürzt hat.

Tatsache ist, dass die panislamistische Ideologie heute zugleich von der Muslimbruderschaft (d.h. durch die AKP, die vom türkischen Zweig der Muslimbrüder kontrolliert wird), Al-Qaida und Daesh unterstützt wird.

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Recep Tayyip Erdoğan möchte die Größe des Osmanischen Reiches wiederherstellen. Er hat die Genozid-Strategie von Sultan Abdülhamid II. aufgenommen.

Eine andere Tatsache ist, dass in diesem Teil der Welt seit einem Jahrhundert nur die Türkei und Daesh das Verbrechen des Völkermords begangen haben. Heute hilft die erstgenannte Macht der zweiten, es fortzuführen.

Es ist nicht erstaunlich, dass die Türkei und Daesh sich im Krieg gegen die Arabische Republik Syrien befinden, denn diese steht für das entgegengesetzte Projekt. Das älteste Land der Welt hat jederzeit die verfolgten Völker der Region aufgenommen und ist dadurch zum gegenwärtigen „ethnischen Mosaik“ geworden. In den 2000er Jahren hat der Verteidigungsminister von Bachar al-Assad, General Hassan Tourekmani, eine „Verteidigungsdoktrin“ ausgearbeitet, die auf der Bewahrung dieser Vielfalt beruht [2].

- Dann Israel. Ein Staat, der infolge eines Abkommens von 1917 zwischen London und Washington geschaffen wurde, der aber vorgibt, sich als Reaktion auf den Völkermord an den europäischen Juden durch die Nazis 1942–45 gebildet zu haben. Seine Abwesenheit in Jerewan – um die Kränkung des türkischen Verbündeten zu vermeiden – belegt hinreichend, dass seine Rhetorik nur eine werbewirksame Rechtfertigung ist, die seine kolonialen Absichten maskiert.

Hier lässt sich auch die Rolle der Dönme im Kreise der Jungtürken wiedererkennen. Die Dönme waren eine kabbalistische Sekte, die im 17. Jahrhundert zum Islam konvertierte, um der Verfolgung zu entgehen, aber ihren jüdischen Glauben beibehielt.

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Professor Bernard Lewis leugnete fortwährend den von den türkischen Machthabern im 20. Jahrhundert verübten Genozid.

Die Unterstützung Israels für den Völkermord von 1915 ist nichts Neues, war aber bis heute nicht offiziell zum Ausdruck gebracht worden. Man erinnere sich indessen an den Standpunkt von Professor Bernard Lewis, ehemals Berater von Benjamin Netanyahu, als er UN-Botschafter war, danach Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates der Vereinigten Staaten und vor allem Fachmann für die türkische Gegenwartsgeschichte. Der Erfinder der Strategie des „Krieges der Zivilisationen“ behauptete in der Tageszeitung Le Monde, das Massaker sei übertrieben dargestellt worden und nie geplant gewesen, obwohl – im Unterschied zum Genozid der Nazis an den Juden – man in diesem Fall über Dokumente verfügt, die das Verbrechen anordneten und die westlichen Staatskanzleien weit im Voraus darüber informierten. Bernard Lewis wurde in Frankreich dafür verurteilt, dem Interesse der armenischen Gemeinde Schaden zugefügt zu haben, indem er in unehrlicher Absicht historische Fakten verschleierte, die seine Darstellung der Wirklichkeit ungültig machten [3].

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Die Botschafterin Samantha Power stellte sich im UN-Sicherheitsrat gegen die Verurteilung der türkischen Intervention an der Seite von Al-Qaida gegen die Armenier von Kessab.

- Schließlich die Vereinigten Staaten. Präsident Obama ernannte Samantha Power, die Autorin von „A Problem from Hell: America and the Age of Genocide“ (Ein Problem aus der Hölle: Amerika und das Zeitalter des Genozids), zur UN-Botschafterin. Ausgehend vom Genozid an den Armeniern und von der juristischen Antwort, die Raphael Lemkin für die Gemeinschaft der Nationen darauf zu geben versucht hat, legt sie in dieser Studie die Reaktionen Washingtons auf die Verbrechen dar, die in Kambodscha, im Irak, in Bosnien, in Ruanda und im Kosovo begangen wurden. Schamlos manipuliert sie die historische Wahrheit, entlastet ihr Land von seinen Verantwortlichkeiten und plädiert für seine moralische Autorität, die sich gegen jeden Völkermord stelle. Aber auch Frau Power war nicht in Jerewan – und auch kein anderer politischer Repräsentant ihres Landes.

All jenen, die glaubten, die Vereinigten Staaten hätten sich geändert und versuchten heute aufrichtig die Personen zu schützen, die für ihre Zugehörigkeit zu einem Glauben oder einer Ethnie verfolgt werden, hat das Fehlen der US-Repräsentanz gezeigt, dass Washington keine Moral hat, nur Interessen. Das Gerede von Frau Power ist bloß von Bedeutung, wenn sie – mit oder ohne Beweise – dadurch Feinde der Vereinigten Staaten aburteilen kann.

Durch seine Abwesenheit in Jerewan hat Washington gezeigt, dass es sich auf die Seite des Verbrechens, die Seite der Türkei und des Islamischen Staates, stellt.

Die Erklärungen des Präsidenten Gauck

Als er „eine Mitverantwortung, unter Umständen sogar Mitschuld“ Deutschlands an den Massakern von 1915 anerkannte, hat der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck ein Tabu aufgehoben – das der Fortdauer des Verbrechens. Und er hat es mit um so mehr Mut gemacht, als es in Deutschland eine starke türkische Präsenz gibt und keine armenische Wählerschaft.

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Als mustergültiger Beamter hatte Rudolf Höß in der Türkei während des II. Reichs Geschick in Völkermord-Angelegenheiten erworben, im III. Reich wurde er dann Leiter des Konzentrationslagers Auschwitz.

Es ist schon länger her, dass die Historiker die Rolle der deutschen Anweisung im Völkermord aufgearbeitet haben. So wurden die Deportationsverfügungen veröffentlicht, die der Stellvertretende Chef des Osmanischen Generalstabs, General Fritz Bronsart von Schellendorf, unterschrieben hatte. Das deutsche Kaiserreich Wilhelms II. hatte sich schon im Völkermord versucht, als es 1905 die Hereros und die Namas in Südwestafrika (heute Namibia) auslöschte. Die deutschen Offiziere, die den Genozid an den Nichtmoslemen in der Türkei beobachteten und sich zum Teil daran beteiligten, nutzten ihre Kenntnisse während des Nazi-Regimes. Da ist zum Beispiel der Fall des Rudolf Höß: Sein Vater nahm am Völkermord an den Hereros 1905 teil, er selbst an dem an den Armeniern 1916; dann wurde er von 1940 bis 1943 Kommandant des Lagers Auschwitz, wo er Juden, Zigeuner und Slawen umbrachte.

Um die Genozide zu verstehen und ihnen vorzubeugen, sollen wir sie nicht unter dem Blickwinkel der Opfer untersuchen, sondern unter dem der Henker begreifen.

Bis heute meint man zu Unrecht, dass die Jungtürken und die Nazis die einzigen Verantwortlichen für die Völkermorde an den Armeniern und den Juden sind. Aber die Geschichte zeigt uns, dass die Ideologien, die zu ihrer Ausübung führten, mit anderen Menschen, die gleichermaßen die Taten zu begehen versuchten, davor und danach geteilt wurden. Im Unterschied zur üblichen Vorstellung gibt es kein Beispiel von Völkermord, der nur ein einziges Mal oder an einer einzigen Bevölkerungsgruppe verübt worden wäre. Diese Verbrechen setzen sich immer für lange Zeit fort und betreffen immer mehrere ethnische Gruppen. Um die Fortführung der Genozide zu verhindern, ist es somit wichtig, schon die ersten Massaker zu verdammen sowie die Ideologien, die ihnen zugrunde liegen.

Übersetzung
Sabine  

[1] Die UN-Konvention von 1948 fasst die Definition des Genozids weit als „Handlungen, in der Absicht begangen, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören“ (So ist der Genozid nicht notwendigerweise ein Mord: Es genügt, eine Bevölkerung zu sterilisieren, damit sie verschwindet). Im Lauf der letzten Jahre hat der Begriff, den Zusammenhängen entsprechend, eine völlig andere Bedeutung bekommen. Die einen verstehen ihn rein quantitativ. Sie sprechen auch von Genozid, um Massenmorde (zum Beispiel die Vernichtung einer Bevölkerung durch Hunger, der auf ein Wirtschaftssystem rückführbar ist) zu bezeichnen. Für andere, hauptsächlich angelsächsische Juristen, ist der Begriff ausschließlich ein qualitativer. Für sie bezeichnet er jede Art Mord aus Hass, vorausgesetzt er bezieht sich auf die Rasse oder die Religion (zum Beispiel auch die Ermordung einer Einzelperson aufgrund ihrer Hautfarbe).

[2] Die Werke des General Tourekmani sind nur in arabischer Sprache verfügbar, aber sein Sohn Ali Tourekmani hat kürzlich eine Studie über sein Werk, Warum Syrien?, veröffentlicht, die zur Zeit übersetzt wird.

[3] „Condamnation judiciaire de Bernard Lewis“, Réseau Voltaire, 8 juin 2004